Albert Anker

Ins 1831 – 1910 Ins

«Bildnis eines Mädchens / Portrait d’une fillette» – 1872
Unten rechts signiert und datiert Anker 1872.
Öl a/doubl. Lwd., 37 × 34 cm

Zuschlag CHF 140'000

Kunstauktion 25.09.2010 | Lot-Nr. 37

Provenienz:
Auktion Galerie Jürg Stuker AG Bern, Juni 1997, Kat.-Nr. 4006. Privatbesitz Luzern.

Literatur:

Sandor Kuthy, Therese Bhattacharya-Stettler, Albert Anker, Werkkatalog der Gemälde und Ölstudien, Basel: Wiese; Bern: Kunstmuseum, 1995, S. 261, Abb. 630.

Gutachten:
Das vorliegende Gemälde ist im Schweizerischen Institut für Kunstwissenschaft, Zürich, unter der Nummer 62‘005 als eigenhändige Arbeit von Albert Anker inventarisiert.

Eine kunsttechnologische Untersuchung beim Institut für Kunstwissenschaft in Zürich war zum Zeitpunkt unserer letzten Auktion vom 07.11.2009 noch nicht abgeschlossen. Daher haben wir das Gemälde bis zum jetzigen Zeitpunkt zurückgestellt. Der Untersuchungsbericht sowie ein aktualisiertes SIK-Gutachten liegen nun vor.

Das Werkverzeichnis Albert Ankers weist über hundert Ölgemälde mit Knaben- und Mädchenbildnissen auf. Neben all jenen Kinderporträts, die aus einem Auftragsverhältnis hervorgingen, schuf Anker auch Porträts ohne konkreten Anlass, zuweilen band er sie später in seine unverwechselbaren Genreszenen ein. Es handelt sich dabei einerseits um Bildnisse seiner eigenen Kinder – den drei Töchtern Louise, Marie und Cécile gab er offensichtlich rein zahlenmässig den Vorzug – sowie von jenen Mädchen und Knaben, die ihn in seinem ländlichen Alltag umgaben, Inser Kinder, die tagein tagaus bei ihm einkehrten. Er hat sie in sämtlichen Ausdrucksstufen bildnerisch festgehalten, häufig in ruhiger Versunkenheit, konzentriert im Augenblick.
Ernst und Schüchternheit des kindlichen Wesens sind hier in diesem Mädchenporträt ebenfalls eindrücklich eingefangen. Die Farbgebung ist wie so oft bei Anker von toniger Stofflichkeit, der Figur wird eine dunkle Grundierung hinterlegt, wodurch das Mädchen, in einen warmen Lichtkegel getaucht, deutlicher hervortritt.
Gemäss Auskunft von Therese Bhattacharya-Stettler wurde beim Erstellen des Werkkatalogs 1996 das Bild der Rubrik „Öl-Studien“ zugeordnet, obwohl durch das Setzen einer Signatur der Künstler das Werk untrüglich als abgeschlossen erachtet habe. Die Leinwand des Bildes wurde seit dem Entstehen doubliert und hat weitere Änderungen, insbesondere einen dicken Firniss-Auftrag, erfahren. Wie die technologischen Untersuchungen am Schweizerischen Institut für Kunstwissenschaft in Zürich ergeben haben, muss das Bildnis über einer früheren Variante gemalt und einer Formatvergrösserung unterzogen worden sein.
Dennoch ist unserem Mädchenbildnis die typische, wohltuende Anker’sche Gelassenheit eigen; ruhig und in sich gekehrt sitzt das Kind geduldig Modell, es blickt mit seinen braunen Augen nach rechts in die Weite, wodurch es uns im 3/4-Profil gezeigt wird. Sorgfältig sind Details beachtet: die blonde Locke, die auf die Stirn fällt, oder das neckische, um den Hals gebundene schwarz-weiss gemusterte Krawättchen, das sich vom beigen Kleid und dem zarten Inkarnat abhebt.