Robert Zünd

Luzern 1827–1909 Luzern

«Blick von Bächtenbüel auf Luzern»
Unten links in roter Ölfarbe voll signiert Robert Zünd.
Öl a/Lwd., 77 × 103 cm

Zuschlag CHF 175'000

Kunstauktion 07.11.2009 | Lot-Nr. 34

Provenienz:
Altbesitz Luzern.


Robert Zünd reiste zeit seines Lebens wenig. Er suchte sich die Bildmotive in der Nähe seines Ateliers. Nicht ohne Grund sind seine Darstellungen des Eichwäldli und der Allmend zwischen Luzern und Horw zahlreich. Das vorliegende Gemälde gehört zu jenen Werken Zünds, welche die Stadt Luzern und das Luzerner Becken, dessen Uferlandschaft sowie Gütsch, Sonnenberg und Pilatus zeigen. Bilder mit Blick auf die Stadt und ihren Hausberg, den schönen wie Furcht einflössenden mons fractus, waren auch bei Luzerns Gästen beliebt. Zünd hatte für solche Ansichten einige bevorzugte Standorte: das Delta des Würzenbachs („Blick auf Luzern“, 1855), die Bucht vor Seeburg („Blick auf den Pilatus“, um 1850) und bei der Wartenfluh („Bucht bei Wartenflue“, undatiert) oder die Ruine Neuhabsburg („Ruine Neuhabsburg und Pilatus“, 1861). Hier nun liegt der Standort nicht in unmittelbarer Seenähe, weder bei Vorder-Seeburg noch bei Chrüzbuech, sondern östlicher, auf der Höhe des Bächtenbüels, oberhalb des Gebiets Oberrebstock auf Megger Gebiet. Im Vergleich zu anderen Pilatus-Darstellungen Zünds ist der Berg hier, obwohl nicht im Zentrum, fein detailliert ausgeführt; das Bild dürfte daher nach 1860 entstanden sein.
Der Pilatus, der See und die Stadt erscheinen im goldenen Licht eines sommerlichen Abends. Im Vordergrund zeigt sich eine Rundbogenbrücke nach südlichem Vorbild; eine Schäferin, in Luzerner Werktagstracht, greift nach einem Schaf und blickt in Richtung des Bildbetrachters, während ein junger Mann rechterhand, im Halbschatten der vom Bildrand angeschnittenen Eiche, ihm zuwinkt. Das Geschehen im Vordergrund, der frei erfunden ist, scheint wie ein fernes Echo der Genremalerei des Deuxième Empire und evoziert ein stimmungshaftes Erlebnis, während im Mittel- und Hintergrund die detailgetreue Wiedergabe der Landschaft der topographischen Erinnerung dient. Was dabei überrascht, ist der panoramische Blick, der durch das bei Zünd seltene, betont querrechteckige Bildformat unterstützt wird. Während in vielen seiner Pilatus-Darstellungen der zerklüftete Berg gross und bedrohlich nah erscheint, rückt er hier in eine lichtvolle Ferne und wirkt entsprechend friedlich. So zeigt dieses Bild zwei Elemente, die mediengeschichtlich der Panorama-Malerei des 19. Jahrhunderts zugehörig sind: Massstab und Dynamik.
Im Kontext von Zünds gesamtem Schaffen ist dieser „Blick auf Luzern“ als ein Hauptwerk zu betrachten.
Vgl. David Robinson, Das 19. Jahrhundert: Vom Panorama zum Kino, S. 100. In: Marquard Wocher. Das Panorama von Thun. – Basel. Christoph-Merian-Verlag, 2009