Hans Erni

Luzern 1909–2015 Luzern

«Einsicht (Vision)» − 1943
Unten rechts signiert und datiert erni 43.
Tempera a/Papier, 72 × 100 cm

Zuschlag CHF 20'000

Kunstauktion 21.10.2023 | Lot-Nr. 93

Provenienz:
Privatsammlung Schweiz.

Ausstellungen:
Himeji, City Museum of Art, Hans Erni, 2. September bis 1. Oktober 1989 (Itami, City Museum of Art, 1989; Funabashi, The Seibu Museum of Art, 1990), Kat.-Nr. 11, S. 33, ganzseitige Farbabb.; Luzern, Hans Erni Museum, Verkehrshaus Luzern, Hans Erni – Werke aus sieben Jahrzehnten, 21.10.2001−12.2003; Luzern, Kunstmuseum, Hans Erni. Retrospektive zum 100. Geburtstag, 24.05.−04.10.2009, Kat.-Nr. 75, S. 153, ganzseitige Farbabb.

Literatur:

Walter Rüegg, Hans Erni: [Vol.] I Das malerische Werk, Bern, München, Zürich, Frauenfeld 1979, S. 123, Nr. 37, ganzseitige Farbabb.


Hans Erni, der stets wache und kritische Zeitgenosse, schuf ein riesiges Gesamtwerk von stupender Vielfalt. Einen frühen Höhepunkt in seinem Schaffen bildet das 90 Meter lange, für die Schweizerische Landesausstellung von 1939, genannt Landi, hergestellte Wandbild «Die Schweiz, das Ferienland der Völker», mit dem er sich als virtuoser Gestalter und origineller bildnerischer Erzähler auszeichnete. Ernis Popularität beruht darauf, dass er technisch brillante, allgemein verständliche Bilder schuf. Sein Selbstverständnis folgt einer humanistisch geprägten künstlerischen Tradition. Der Erfolg der Landesausstellung mit über 10 Millionen Eintritten machte den Künstler auf einen Schlag berühmt. Als die Schau am 30. Oktober ihre Tore schloss, war die Generalmobilmachung längst erfolgt. Am 1. September 1939 fällte der Bundesrat den diesbezüglichen Entscheid – an dem Tag, als Hitlers Truppen in Polen einfielen. Auch die vom Krieg nur indirekt betroffene Schweiz litt in der Folge unter der Not und den Entbehrungen der Kriegsjahre. Hans Erni malte damals einige seiner eindrucksvollsten Werke wie das vorliegende Gemälde «Einsicht» (Vision), das Peter Fischer im Katalog der Erni-Retrospektive im Kunstmuseum Luzern 2009 (S. 151 f.) als «Schreckensbild» bezeichnet, «wo sich eine ehemals glückliche Urgemeinschaft getrennt zu haben scheint. Während die Frauen, Mütter und Kinder für den Fortbestand des Lebens sorgen, bekriegen sich die Männer in einem antiken Heldenstreit, bis aufs Blut, welches in fotorealistischer Manier an der Oberfläche klebt. Die Dialektik ist unübersehbar und setzt sich bis in die Linienführung der Binnenzeichnung fort: Die Frauengruppe ist in weissem Strich auf grauem Grund, die Männer sind in dunkler Sepia auf hellem Grund ausgeführt. Neben der bedrohlich sich ausbreitenden Blutlache vereint der Blick des Auges die beiden Szenen, Versöhnung und Einsicht bleiben jedoch Wunsch.»